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Kommentar

Kommentar vom 17.09.2004

Wahlfarce im Stadtrat - Der Weimarer Fernsehsender salve.tv wird neuerdings von Anfragen bombardiert, wann er denn endlich beginnt, die kompletten Stadtratssitzungen zu übertragen. Beim salve-Vorgänger K4 war das immer die Sendung mit den höchsten Einschaltquoten. Wer nun aber glaubt, die Leute wären übermäßig stark an der Weimarer Lokalpolitik interessiert, der irrt. Die Menschen wollen einfach in so schweren Zeiten auch mal was zu lachen haben. Die Stadträte werden nicht als Volksvertreter gesehen, sondern als Witzfiguren, die mit ihren Darbietungen jede Mittagstalkshow im Privatfernsehen in den Schatten stellen. Auch die Stadtratssitzung am vergangenen Mittwoch begann eigentlich ganz lustig, als sich mit Dirk Hauburg der Kandidat der CDU-WeimarWerk-Koalition für den Posten des Weimarer Rechtsdezernenten präsentierte. Wenn ein 36-jähriger einen Dezernentenposten in Weimar als Höhepunkt seiner Karriere feiert, sorgt das schon für eine gewisse Heiterkeit auf der Pressebank und im Publikum. Sonst redete er noch etwas, sagte aber wenig. Einige Stadträte auf den Koalitionsbänken schauten sehr konzentriert auf ihre Tischplatte, als Hauburg sich gerade über kundenorientierte Zusammenarbeit ausließ.

Sein grüner Gegenkandidat Thomas Engemann war da schon eine ganz andere Nummer. Er vermittelte glaubhaft, daß er von seinem späteren Aufgabengebiet Sozialpolitik mehr hat, als nur eine Ahnung. Man kann davon ausgehen, daß Engemann ohne weiteres in der Lage gewesen wäre, auch kritische Fragen zu beantworten, ohne geistig ins Schleudern zu geraten. Bei ihrem Kandidaten Hauburg war sich die Koalition da wohl nicht ganz so sicher. Warum wollte sie sonst die Wahl auf „Teufel komm raus“ durchpauken, ohne den Stadträten der Opposition vorher die Möglichkeit zu geben, die Kompetenz Hauburgs durch kritische Fragen zu prüfen? Die Behauptung, es habe im Vorfeld der Dezernentenwahl genügend Möglichkeiten gegeben, die Kandidaten zu befragen entlarvte sich sofort als das, was es war: Eine Ausrede. Die Art und Weise, einen schwachen Kandidaten für ein so wichtiges Amt durchzupeitschen ist insgesamt nur eines, nämlich undemokratisch. Das ist schon mehr als nur schlechter Stil. Dem ganzen die Krone aufgesetzt wurde aber durch das Wahlverfahren an sich. Von einer geheimen Wahl konnte nämlich keine Rede sein, fehlte doch die für solche Akte zwingend vorgeschriebene Wahlkabine. Das die Stadträte ihre Wahlzettel am Tisch ausfüllen mußten, dürfte der Fraktionsdisziplin in den Reihen der Koalition schon Nachdruck verliehen haben, um es mal sehr zurückhaltend auszudrücken.

Nur- damit ist die Wahl Hauburgs quasi nichtig. Das Landesverwaltungsamt hat schon damit begonnen, den Wahlakt rechtlich zu überprüfen. Angesichts der offensichtlichen Verstöße gegen die Thüringer Kommunalordnung, die den Ablauf von Dezernentenwahlen genau regelt, kann die Behörde zu keinem anderen Ergebnis kommen, als die Wahl zu annulieren. Alles andere wäre Rechtsbeugung. Die Wahl wird also wiederholt werden müssen. Und ob der Koalitionskandidat Dirk Hauburg eine wirklich geheime Wahl übersteht, darf bezweifelt werden. So könnte man die ins Haus stehende Wahlwiederholung nicht als Drohung sondern als Chance begreifen. Nach dem Theater um den Zweitwohnsitzsteuer-Hinterzieher Norbert Michalik verträgt die Stadt nicht noch einen weiteren ungeeigneten Dezernenten. Die Stadt muß ihre Probleme endlich lösen, nicht sich neue aufladen.

(Jürgen Marschall)

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