Hörbuchrezension
Hörbuchrezension vom 06.03.2012
"Plan D" von Simon Urban - Claudia Stelzig:
„Plan D“ ist eine Geschichte, die in der DDR spielt, so viel können wir schon mal verraten. Ist das eine Ostalgie-Klamotte, oder was steckt dahinter?
Shanghai Drenger:
Also, von Ostalgie möchte ich hierbei nicht gerade sprechen. Zwar spielt die ganze Geschichte in der DDR, oder anders, in einer DDR, die wir als solche aber nicht gerade kennen, denn, das besondere an dieser Geschichte ist der Umstand, dass sie in der Jetztzeit spielt, also im Jahr 2011. Alles unter dem Vorzeichen, die DDR als solche hätte den Umbruch 1990 irgendwie überlebt.
Und so wird auch immer wieder von der „Wiederbelebung“ gesprochen. Konkret, das alte System war in der Krise, Egon Krenz hat Erich Honecker und Co abgelöst und ist 2011 immer noch Staatsratsvorsitzender, die Mauer ist nach vorübergehender Öffnung wieder dicht und die Systeme Ost und West existieren nach wie vor.
Claudia Stelzig:
„Plan D“ ist also eher ein Science Fiction-Roman?
Shanghai Drenger:
Genau genommen ist dieses Buch ein schlichter Kriminalroman, es geht darin um die Aufklärung eines Mordes, in der Kulisse eines skurrilen Staates und diese Kulisse ist es, was den Roman tatsächlich auch lesenswert, respektive hörenswert macht. Die geschilderte Welt kommt ziemlich düster daher, das System baut nach wie vor auf Überwachung, hat sich aber eben technisch weiter entwickelt, es bedarf nicht mehr zahlreicher Zuträger, dafür gibt es ja Mobiltelefone mit integrierter Abhörfunktion usw., und auch sonst steht das Land nicht gerade wirtschaftlich potent da. Es hat sich also nicht all zu viel getan und nach wie vor bewundern die Menschen die westliche Freiheit, die aber auch zur Genüge ihre fragwürdigen Seiten hat. Es ist also eher eine düstere Vision, die Urban uns präsentiert, keineswegs ostalgisch. Wer das erwartet, liegt schlicht falsch.
Claudia Stelzig:
Du sagst, „Plan D“ ist ein waschechter Krimi. Es geht um Mord. Wer war's?
Shanghai Drenger:
Das will ich an dieser Stelle natürlich nicht verraten. Machen wir's anders: das Mordopfer ist ein alter Mann, ein Wissenschaftler, der schon Anfang der 80er Jahre aus Westdeutschland in die DDR übergesiedelt ist. Ein Idealist schlechthin, ein Mann, der offenbar einen Plan hatte, den „Plan D“ nämlich, den aber offenbar niemand wirklich kennt. Aber es wird immerhin einiges in diesen Plan hinein interpretiert, von wem auch immer, weswegen es also viele mögliche Verdachtsrichtungen gibt. Spannung und Überraschung bis zum Schluss.
Jeder Krimi aber hat nun auch seinen Ermittler, in diesem Fall ist es der Volkspolizei-Kriminalhauptmann Martin Wegener, auch schon älteres Semester, der sich angesichts der durchaus unterschiedlichen gearteten „Organe“, wie man in der DDR so sagte, erheblich vor Probleme gestellt sieht. Wo darf er ermitteln, wen darf er nun beschuldigen, ohne sich selbst außer Kraft zu setzen, gelinde gesagt, alles das sind Fragen, mit denen er sich herumschlagen muss. Wir kennen diese Problematik meist anders bezeichnet auch aus ganz aktuellen und sehr realistischen Kriminalgeschichten, nur, dass da die Bezeichnungen anders sind. Vor der beschriebenen Kulisse allerdings wirkt das alles viel intensiver, zumindest für diejenigen, die die DDR ganz real noch in Erinnerung haben.
Claudia Stelzig:
Wer liest die Geschichte?
Shanghai Drenger:
Gelesen wird dieses Hörbuch von Götz Schubert, Theater- und Filmschauspieler, der bis 1989 ausschließlich Theater gespielt hat und dann zunehmend auch Filmrollen für Kino und Fernsehen besetzte. Bekannt unter anderem aus dem „Zimmerspringbrunnen“ oder dem „Sams“ oder manche kennen vielleicht auch noch den DEFA-Film „Die Alleinseglerin“, da hat er bereits 1987 erstmals vor der Kamera gestanden. Götz Schubert jedenfalls, finde ich, ist hier eine recht gute Wahl, der die unterschiedlichen Charaktere ziemlich gut trifft, was keine so einfache Sache ist. Der Umgangston der Funktionäre war damals doch ein etwas anderer als heutzutage.
"Plan D" von Simon Urban, gelesen von Götz Schubert
Verlag Randomhouse
6 CDs, Preis: 19,99 Euro
ISBN: 978-3-8371-1175-0
Dauer: ca. 420 min
(Shanghai Drenger)