Tonspur
Tonspur vom 30.09.2012
Dinosaur Jr - I Bet On Sky - Dinosaur Jr "I Bet On Sky"
Mich würde interessieren, was in J Mascis´s Kopf vorgeht, wenn er einen Song konzipiert. Ist da erst das Gitarrensolo oder ist da vielleicht ein Textfragment? Wir werden es sicherlich nie erfahren, denn dieser mittlerweile komplett ergraute Mascis ist der Albtraum eines jeden Interviewer; wortkarg, minutenlanges Überlegen, um dann die Frage mit "I down know" zu beantworten. Sicherlich werden Generationen von Praktikanten zu ihm geschickt, um ihnen zu zeigen, wie hart das Musikjournalisten-Dasein sein kann. Aber warum reden, wenn man so grandios Gitarre spielen kann und wenn man seine Texte in dieser unnachahmlich nöligen Art und Weise zum Vortrag bringt, wie sich das vielleicht noch Mark E. Smith von The Fall erlauben kann. Typen mit denen man groß geworden sein muß um sie zu mögen
Für Spätgeborene und zur Erinnerung: Im Jahr 1985 veröffentlichten Dinosaur ihr selbstbetiteltes Debütalbum. Durch den Erfolg des Albums wurde die Hippieband Dinosaurs (mit Grateful-Dead-Texter Robert Hunter) auf die Band aufmerksam und zwang sie zu einer Namensänderung. In Anspielung auf das Alter der Hippies fügte J Mascis das Kürzel „Jr.“ hinzu.
Schon bei dem Aufnahmen zum zweiten Album “Bug” kam es zu Streitereien zwischen den Bandmitgliedern, die danach auch die Band verließen. Erst Low Barlow der sich danach um sein bisheriges Nebenprojekt Sebadoh konzentrierte und auch Schlagzeuger Murph. Mascis blieb zurück und spielte danach mit ständig wechselnden Musikern wie Mike Watt, Mike Johnson oder Kurt Fedora zusammen. Wenn er von allen genervt war, hat er auch gerne mal alles selbst eingespielt. In dieser Zeit entstehen aber trotzallem (meiner Meinung nach) die besten Dinosaur Jr Alben: “Green Mind” und “Where have you been there”.
1998 löste Mascis die Band auf und war fortan als J Mascis + The Fog auf Solopfaden unterwegs. Im Frühjahr 2005 bestätigte die Band eine Wiedervereinigung in der Originalbesetzung. J Mascis, Lou Barlow und Murph spielten im Sommer 2005 bei einigen Festivals in England, Deutschland, Spanien und Japan. 2007 erschien das Comeback-Album Beyond, das erste seit 1988, das in der Originalbesetzung aufgenommen wurde. Im Frühsommer 2009 folgte dann Farm, 2012 I Bet On Sky.
Um nicht lange um den heißen Brei zu reden: Man darf hier mit Fug und Recht vom Highlight des zweiten Dinosaur Jr.-Lebens sprechen. Mit "I Bet On Sky" spielen die Herren in ihrer eigenen Königsklasse. Nach "Farm" und "Beyond" kredenzt das Trio einen Langspieler ohne schwere Schultern, aufgeweckt, facettenreich, verspielt, ja fast schon partiell zum Scherzen aufgelegt ist die Band. Mascis behält natürlich sein glockenklares Organ. Auch an ausufernden Soli wird selbstverständlich nicht gespart. Während selbst Lou Barlow zwei Songs beisteuern durfte, wirkt die Band stimmig und aufgeräumt wie selten.
Das beweist eindrucksvoll schon der Opener "Don't Pretend You Didn't Know", der mit seiner Strophe beinahe als Singalong ums Eck kommt. Etwas ungewohnt aber dennoch überaus stimmig warten Masics und seine Mannen sogar mit Klavierklängen auf und verlieren sich gen Ende in einem ausgiebigen Gitarren-Solo. Es heißt nun: mehr Miteinander, mehr Rücksicht, mehr Zusammenspiel. Mascis geht einen Schritt zurück ins Bandgefüge – eine Neuerung, die das Album mit sich bringt. Das spürt man auch an ungewöhnlich ausgeführten Akustikgitarren, so etwa bei "Almost Fare". Fast schon klassisch kommt die Single "Watch The Corners" daher, mit ihrem vor sich hin schlurfenden Grundtenor und großartigem Finale definitiv eines der Highlights der Platte.
Also Kinder gebt fein acht, der Dennis hat euch was mitgebracht und das ist die Single „Watch The Corners“!
(Dennis Klostermann)