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Tonspur

Tonspur vom 14.01.2013

Sea and Air - My Heart's Sick Chord - Weinen Tiere eigentlich? Auch mal ne Frage, ich hatte mich angelehnt an Max Frisch und seinen Fragebogen eigentlich immer nur gefragt, ob Tiere Humor haben. Oder lachen. Was auch immer, „Do Animals Cry?“ ist der Name der ersten Single des Duos Sea and Air aus Berlin und auch der erste ihrer Songs, dem ich lauschen durfte. Im Internet gibt es ein putziges Video dazu, und wem das gefällt, der dürfte auch mit dem Rest des Albums seinen Spaß haben. Dieses wurde mir von Kollege Klostermann mit vielen warmen Worten empfohlen: Ich solle mal reinhören, das würde mir sicher gefallen. Nun fragt man sich in einem solchen Moment vielleicht kurz, ob man wirklich einen so leicht berechenbaren Musikgeschmack hat und fühlt ein leichtes Widerstreben, das Album zu mögen. Aber was soll ich sagen, Herr Klostermann hatte natürlich Recht, die Platte gefällt mir.
Vorbemerkung: Der Bandname ist eigentlich ein ziemlich blödes Wortspiel, Sea and Air steht nämlich auch für Sie und Er, die Dame und der Herr. Das fand ich damals schon bei She & Him doof, der Band von Schauspielerin Zooey Deschanel und M. Ward, und da war das ja nicht mal ein Wortspiel. Um mir die Laune nicht zu verderben, rede ich mir also lieber ein, dass Sea and Air für Wasser und Luft steht. Man kann dann schön mit Bedeutungen um sich werfen: Die Musik des Duos hat Momente, die fluffig und leicht-beschwingt sind, wie Luft, und dann aber tief und melancholisch sind wie die See. Das klingt jetzt schmalzig, stimmt aber auf gewisse Weise tatsächlich.
Dennoch komme ich wohl nicht umhin mal zu klären, wer Sie und Er denn eigentlich sind. Sea and Air sind ein deutsch-griechisches Ehepaar. Er, das ist Daniel Benjamin, der dem einen oder anderen musikalisch schon einmal über den Weg gelaufen sein könnte, da er schon mehrere Alben voller schrägem Indierock veröffentlicht hat. Er ist groß und hat einen schicken Schnauzer, ganz im Gegensatz zu seiner zarten Ehefrau Eleni. Beide singen, und sie spielt, tadaaa, das alte Cembalo von Daniel Benjamins Papa. Ein herrlich uncooles Instrument, so überhaupt nicht modern. Es ist nicht omnipräsent auf der Platte, doch wenn es in einem Song auftaucht, sticht es gleichzeitig heraus und fügt sich trotzdem wunderschön und unstörend ein. Cembalo heißt auf Englisch übrigens Harpsichord, und so erklärt sich ein weiteres Wortspiel, durchaus stilvoller als das eben erwähnte: Der Albumtitel „My Heart’s Sick Chord“. Aber natürlich kann man in diesen Albumtitel ebensoviel tiefe Bedeutung hinein interpretieren, die über das bloße Wortspiel hinaus geht.
Aber vielleicht noch mal zur Musik! Größtenteils überwiegt auf dieser Platte nämlich die beschwingt-melancholische Akustikgitarre. Dazu gibt es schönen Harmoniegesang zwischen, nun gut, ihm und ihr, und manchmal klingen Sie und Er wie eine ganze Band. Man kann das als Kammerpop beschreiben, als Indiepop, oder eben einfach als sehr schön und gelungen. Manchmal singen Sie oder Er auch solo, und wenn Eleni alleine getragen vom Klavier begleitet wird wie in „Safe From Harm“, ist das schon ein ganz besonders eleganter Moment. In anderen Momenten, zum Beispiel in „Yeah I Know“, klingt das Duo wie die französiche Knuddelpopband Hey Hey My My, was im Zweifelsfall aber gut ist.
Insgesamt: schöne Platte für den Samstagmorgen und vielleicht auch für nachts mit Kopfhörern, und meine bisherige Platte des Jahres 2013. Was zugegebenermaßen Mitte Januar überhaupt nicht schwer ist, das Duo aber dennoch verdient hat.
Es gibt noch mehr Grund zur Freude, denn Sea and Air treten am 18.1., also am Freitag, im Franz Mehlhose in Erfurt auf. Live soll das wunderbar sein, die beiden wirbeln offenbar nur so zwischen den Instrumenten hin und her. Im Vorprogramm von zum Beispiel Sufjan Stevens haben sie das auch schon ausführlichst geübt. Deshalb kommet in Scharen! Zur Einstimmung nun die bereits erwähnte erste Single dieses gelungenen Albums: ohne Cembalo, dafür mit genug Harmonie und Melancholie für alle. Sea and Air mit „Do Animals Cry?“

(Laura Eigbrecht)

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