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Tonspur

Tonspur vom 19.01.2013

Element of Crime – Weißes Papier (1993) - Was tue ich mir hier eigentlich an, – Weißes Papier von Element of Crime, ein grausames Album, vielleicht das grausamste Album von Allen. Mittlerweile rotiert die CD schon zum zweiten mal im Player, das Blatt ist noch reichlich leer und ich singe jede Zeile mit, jede! Wie oft habe ich dieses Album gehört, 100 mal, 1000mal, keine Ahnung!
Dabei war ich dieses Jahr so stolz darauf, den gesamten Herbst ohne Element of Crime ausgekommen zu sein. Aber für den Hörer nehme ich das Wagnis in Kauf, die nächsten Wochen wieder auf einer Welle der Schwermut dahin zu schwimmen oder sich in den ollen warmen Mantel Melancholie ein zu mummeln, bis der Winter vorbei ist.

Gegründet wurde die Band 1985 vom gebürtigen Bremer Sven Regener, der später als Autor des Buchs „Herr Lehmann“. Regener singt und spielt Gitarre, Trompete und Klavier. Der Bandname ist dem gleichnamigen Titel eines Films von Lars von Trier entliehen.
Die ersten Alben, wie Try to Mensch wurden noch in Englisch aufgenommen, denn Mitte der Achtziger war es nicht besonders angesagt in deutsch zu singen, außer man heißt Udo Lindenberg, oder Klaus Lage oder Westernhagen oder Grönemeyer. Das war nur leidlich erfolgreich, so das die Band nochmal über ihr Konzept nachgedacht hat und 1991 mit “Damals hinterm Mond” ihr erstes komplett deutschsprachiges Album heraus brachte. Zwei Jahre später kam “Weißes Papier” heraus und schafft es zum ersten mal in die Charts, aber wichtiger das Album schafft es ins Gefühlszentrum des Hörers, wer je auf einem Element of Crime Konzert war weis wo von ich rede.
Sven Regener beschreibt hier den Gefühlskosmos, den die meisten gerne hätten, wenn ihr Horizont ausreichen würde, mich eingeschlossen. Er hat für jede Situation eine sofort zitierbare Zeile, egal in welcher Phase der Beziehung man steckt, ob man erst verliebt ist wie in „Du hast die Wahl“, ob man mit ihr zusammen ist , wie in „Schwere See“ oder wenn sie ihn verlassen hat wie im Titelsong „Weißes Papier“. Da schlägt die große Stunde des Herrn Regeners, er sult sich gerade zu in einer Melancholie, in seinem Schmerz, aber ohne zu jammern, „Ich nehm deine Katze und schüttel sie aus, bis alles herausfällt was sie je aus meiner Hand fraß, später klopf ich noch den Teppich aus.“ immer bewahrt er sich die Größe, die ihm noch geblieben ist, "Nicht mal das Meer darf ich wiedersehen / Wo der Wind deine Haare vermisst / Wo jede Welle ein Seufzer / Und jedes Sandkorn ein Blick von dir ist." Aber er stellt sie nie bloss oder beschimft sie, es schwingt immer noch ein Rest der alten Liebe mit, ein Rest von Respekt. Das ist wunderschön zu hören und das ist auch die große Kunst des Herrn Regners Bilder zu finden, die man mit seiner Phantasie und seinen Erfahrungen ausmalen darf.
So könnte ich über jeden der elf Titel schreiben
"Ich warte am Bahndamm zwischen den Gleisen / Bis entweder ein Zug kommt oder ein Zeichen von Dir / Ob das Erpressung ist / Ist mir doch egal / Du wirst geliebt / Du hast die Wahl." Ein zartgliedriges und zugleich fieberhaftes Gitarren-Intro eröffnet "Du Hast Die Wahl", bis das Schifferklavier von Ecki Busch nebelhaft durch den Refrain tanzt. Am Ende bekommt der Filou doch noch, wonach ihm gedürstet: "Ich lock dich in den Garten / Und bewerf dich mit Blumen / Solang bis du umfällst / Und kapitulierst."

Halb Chanson, halb Shanty zeigt sich "Schwere See" so ungestüm wie das Meer. Geigen flüstern, ziehen hinaus in die Ferne. Den ruhigen Strophen folgt ein sintflutartiger Refrain. Doch sie gehören zusammen wie der Wind und das Meer. Ein Lotsenboot in schwerer See. "Ich will dein fester Boden sein / Obwohl ich selber schwanke."
„Alten Resten eine Chance“, der Titel, der jetzt kommt, katapultiert dich auf eine Party, die vorüber ist, mit allen Attributen, die man nur zu gut kennt, das Chaos, der obligate Nudelsalat und mit einem Zitat, das ich heute noch gerne anbringe, „Was ist schon eine Party ohne Schmerzen hinterher!“ und vielleicht einem Happy End.

(Dennis Klostermann)

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