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Kommentar

Kommentar vom 16.09.2005

GEGENDARSTELLUNG - Durch die Kunstfest Weimar GmbH, vertreten durch die Kanzlei Hogan & Hartson Raue L.L.P. Berlin, wird zu folgender Gegendarstellung bezüglich des Kommentars "Kartentricks und Schminke" von Matthias Huth aufgefordert. Die Gegendarstellung entspricht nicht der Meinung von Radio LOTTE Weimar.

Am 12. September 2005 haben Sie auf Radio Lotte in der Sendung „Tagsübermagazin vom Herderplatz“ einen Beitrag von Matthias Huth gesendet, der sich kritisch mit der Organisation des Kunstfests Weimar 2005 durch die Kunstfest Weimar GmbH befasst. Der Beitrag enthält zahlreiche unzutreffende Behauptungen, die ich als Geschäftsführerin der Kunstfest Weimar GmbH wie folgt richtig stelle:

Sie behaupten:

„Dem diesjährigen Eröffnungskonzert ging eine Farce voraus. Um den Vorverkauf von 26 (!) Karten zum Eröffnungskonzert in der Weimarhalle zu verschleiern, erging sich Nike Wagner zunächst ins skurrilen Schuldzuweisungen an eine kommerzielle Klassikshow im Schlosshof. Abgesehen davon, dass eine Publikumsüberschneidung in diesem Falle sehr ungewöhnlich gewesen wäre, kann und muss Weimar seit Jahren durchaus mit konkurrierenden Kulturangeboten leben. Flugs wurden zur Wahrung offiziellen Scheins die ‚Junge Philharmonie Thüringen’ und das örtliche Musikgymnasium als Besucher zwangsrekrutiert (…)“.

Dazu stelle ich fest: Zu dem Eröffnungskonzert in der Weimarhalle kamen 722 Besucher. Davon waren etwa 90 Personen Musiker der Jungen Philharmonie Thüringen, die auf dem Kunstfest aufgetreten sind und bei Verfügbarkeit alle Konzerte kostenlos besuchen dürfen. Das örtliche Musikgymnasium hatte zum fraglichen Zeitpunkt, dem 19. August 2005, Schulferien. Weder die Musiker der „Jungen Philharmonie Thüringen“ noch die Schüler des örtlichen Musikgymnasiums wurden als Besucher für das Eröffnungskonzert zwangsrekrutiert.

In dem Beitrag heißt es weiter:

„Dafür sind Frau Castell und Frau Wagner in Bezug auf Bilanzzahlen durchaus kreativ. Man zeigt sich bei einem satten Etat von 1,9 Millionen Euro mit 10.000 verkauften Karten äußert zufrieden, und weist diese als 81,6 prozentige Auslastung aus. Eine erstaunliche Berechnung. In der diesjährigen Augustausgabe der Marketing-Zeitung ‚Medium Absatzwirtschaft’ behauptet Geschäftsführergräfin Castell wörtlich: ‚Wir hatten im vergangenen Jahr 15.000 Besucher und damit eine Auslastung von 80 Prozent.’ Nun ja, man ist ja kein Erbsenzähler, aber was bedeutet dann eine 1,6 prozentige Steigerung? Davon abgesehen ist diese Besucherzahlangabe vom Vorjahr auch eine sehr großzügige Auslegung. Verkauft wurden jedenfalls nur rund 5.000 Karten. Und bei simpler Berechnung diesjähriger Kapazitäten der angebotenen Veranstaltungen kommt man auf 16.840 Plätze. Castell operierte in ihrer diesjährigen Auslegung mit 12.000 möglichen Karten. Das ist eine Minderung von fast einem Drittel. Gibt es eine spirituelle Mathematik? Ansonsten nennt man so etwas in der freien Wirtschaft Bilanzfälschung, und das ist ein triftiger Entlassungsgrund.“

Dazu stelle ich fest: Die von Herrn Huth genannten Besucher- und Verkaufszahlen für das Kunstfest 2004 und das Kunstfest 2005 sind allesamt falsch. Für das Kunstfest 2004, das vom 20. August 2005 bis 18. September 2004 stattfand, wurden nicht nur 5.000, sondern 11.489 Karten verkauft. Zu den zahlenden Besuchern kamen die Inhaber von Freikarten hinzu sowie die Künstler und die Schüler des Musikgymnasiums, die freien Eintritt haben, so dass insgesamt ca. 15.000 Besucher zu den Veranstaltungen des Kunstfests 2004 kamen. Bezogen auf die 57 Veranstaltungen, die es im Jahr 2004 gab, bedeutete dies eine Auslastung von 80 Prozent. Das Kunstfest 2005 fand vom 19. August 2005 bis 11. September 2005 statt und dauerte damit eine Woche kürzer als das Kunstfest 2004. Es gab deshalb auch nur 41 Veranstaltungen, d.h. etwa 25 Prozent weniger als im Vorjahr. Für diese 41 Veranstaltungen gab es nicht 16.840, sondern 14.265 Karten. Davon wurden ca. 10.000 verkauft. Zusammen mit den Inhabern von Freikarten und den nicht zahlenden Künstlern und Musikschülern entspricht dies einer Auslastung von 81,6 Prozent und damit einer Steigerung von 1,6 Prozent zum Vorjahr.

Weder ich noch die Künstlerische Leiterin des Kunstfests Weimar, Dr. Nike Wagner, noch sonstige Beschäftigte der Kunstfest Weimar GmbH haben je Bilanzen gefälscht oder sonst in irgendeiner Form manipuliert.

Sie behaupten weiter:

„Franziska Castell verkündete zudem, dass keinerlei Freikarten ausgegeben wurden“.

Das ist unwahr. Ich habe nie erklärt, dass für das Kunstfest keine Freikarten ausgegeben würden.

Über die Ausstellung in der ACC Galerie Weimar behaupten Sie, diese habe erstmalig einen stolzen Eintrittspreis gefordert. Dazu stelle ich fest: Der Eintrittspreis für die Ausstellung belief sich auf 3,00 Euro bzw. für Ermäßigungsberechtigte auf 2,00 Euro.

Zu Ihrer Behauptung:

„Der zu Kontroll- und Beratungszwecken einbestellte Kunstfestbeirat tagte zuletzt im Oktober 2004“.

stelle ich fest: Der Kunstfestbeirat muss nur einmal im Jahr tagen und wird demnächst wieder einberufen.

Schließlich behaupten Sie:

„Bis jetzt wird das Kunstfest kaum überregional wahrgenommen“.

Auch diese Behauptung ist unzutreffend: Eine vom 19. August bis 11. September 2005 durchgeführte Umfrage unter den Besuchern des Kunstfests 2005 hat ergeben, dass 45 Prozent der Besucher von außerhalb Thüringens kommen.

Franziska Gräfin zu Castell-Castell,
Geschäftsführerin der Kunstfest Weimar GmbH

Wortlaut des Kommentares vom 12.9.2005

Kartentricks und Schminke, von Matthias Huth

Jede Frau hat ein kleines Geheimnis.

Diese Frauen haben ein besonderes Geheimnis, und es ist ebenso brisant wie gut gesichert. Es geht um die verkauften Karten unter der Kunstfestägide Nike Wagners. Und diese wiederum, wacht ebenso wie ihre Geschäftsführerin Franziska Castell mit Argusaugen darüber, dass diesbezüglich nichts Wahrhaftiges aus den Kunstfestungsmauern dringt. So, als ob das alles ihr eigenes Geld wäre! Im zweiten Weimarjahr der Nike Wagner macht sich Unmut über die Intendantin und das Konzept breit. Es gibt berechtigten Anlass zu Befürchtungen, das angeblich sich langsam etablierende Kunstfest verzeichnet viele Boykottierungen. Nike Wagner provoziert nicht, sie brüskiert, und das wieder besseres Wissen. Doch der Reihe nach.

Dem diesjährigen Eröffnungskonzert ging eine Farce voraus. Um den Vorverkauf von 26(!) Karten zum Eröffnungskonzert in der Weimarhalle zu verschleiern, erging sich Nike Wagner zunächst in skurrilen Schuldzuweisungen an eine kommerzielle Klassikshow im Schlosshof. Abgesehen davon, dass eine Publikumsüberschneidung in diesem Falle sehr ungewöhnlich gewesen wäre, kann und muss Weimar seit Jahren durchaus mit konkurrierenden Kulturangeboten leben. Flugs wurden zur Wahrung offiziellen Scheins die "Junge Philharmonie Thüringen" und das örtliche Musikgymnasium als Besucher zwangsrekrutiert, und dann griff die Intendantin zu allem Überfluss unsachlich die Stadt an. Während sich Nike Wagner wegen Überschneidungen von Bürgerreise und DNT-Spielzeitauftakt erregte, verschwieg sie geflissentlich, dass ihr im Vorfeld mehrfach zu einer terminlichen Vorverschiebung des Kunstfestes angeraten wurde, und die Planungen von Stadttheater und Bürgerreise wegen solider Planungsarbeit längerfristig feststanden und feststehen mussten. Zudem war das Kunstfest sowieso als Attraktion der Weimarer Sommerpause gedacht.

Zwar gab Stadtkulturdirektor Felix Leibrock in einer verständlichen und mutigen Reaktion ob der unqualifizierten Anwürfe seine Kunstfestkarten zurück, doch sein Bürgermeister Volkhardt Germer glättete schnell und allzu verbindlich die Wogen. Und Nike Wagner wurde nach eigener Aussage im Ilmpark mehrfach spontan von Fremden umarmt, weil sie so mutig die Stadt kritisiert hätte. Eine Aussage, die man aus verschiedenen Aspekten anzweifeln könnte...

Natürlich enthält Nike Wagners Kritik partiell ein reales Problem: die mangelnde Koordination der Kultureinrichtungen. Bei der Weimar-GmbH gibt es eine Stelle, die zumindest diesbezügliche Information liefern kann und will. Annegrit Görmar engagiert sich seit Jahren im wertvollen Weimarer Kulturkalender, ist allerdings auf die institutionelle Zuarbeit angewiesen. Vielleicht sollte man diese wertvolle und rührige Ressource nicht ignorieren. Während der stadtfestliche Kunstfestauftakt mit Reggae- und afrikanischem Ethnopop aus der mittleren Hauptstadtliga als Mini-Zwiebelmarkt mit anderen Mitteln und kläglicher Besucherzahl vergeigt wurde, zeigte das DNT bei seiner diesjährigen Spielzeiteröffnung, was solcher Anlass für Potential bieten könnte - vorausgesetzt, man würde Weimar wirklich lieben und versuchen zu verstehen.
Insofern ist die für nächstes Jahr angekündigte Fusion von Kunstfesteröffnung und DNT-Auftakt zwar eine Synergie, aber auch ein unerklärtes Eingeständnis konzeptioneller Unfähigkeit. Dafür sind Frau Castell und Frau Wagner in Bezug auf Bilanzzahlen durchaus kreativ. Man zeigt sich bei einem satten Etat von 1,9 Millionen Euro mit zehntausend verkauften Karten äußerst zufrieden, und weist diese als 81,6 prozentige Auslastung aus. Eine erstaunliche Berechnung. In der diesjährigen Augustausgabe der Marketing-Zeitschrift "Medium Absatzwirtschaft" behauptet Geschäftsführergräfin Castell wörtlich: "Wir hatten im vergangenen Jahr 15 000 Besucher und damit eine Auslastung von 80 Prozent." Nun ja, man ist ja kein Erbsenzähler, aber was bedeutet dann eine 1,6 prozentige Steigerung?
Davon abgesehen ist diese Besucherzahlangabe vom Vorjahr auch eine sehr großzügige Auslegung. Verkauft wurden jedenfalls nur rund 5000 Karten. Und bei simpler Berechnung diesjähriger Kapazitäten der angebotenen Veranstaltungen kommt man auf 16840 Plätze. Castell operierte in ihrer diesjährigen Auslegung mit 12000 möglichen Karten, das ist eine Minderung von fast einem Drittel.
Gibt es eine spirituelle Mathematik? Ansonsten nennt man so etwas in der freien Wirtschaft Bilanzfälschung, und das ist ein triftiger Entlassungsgrund.

Franziska Castell verkündete zudem, dass keinerlei Freikarten ausgegeben wurden, sondern selbst die Geldgeber ermäßigt kaufen mussten. Merkwürdig, dass beispielsweise ein Lokalpolitiker und Sponsor so reichlich mit Freitickets ausgestattet wurde, dass er sie trotz Schenkung nicht mal an den Kulturbürger bringen konnte.

Und damit zu eingangs erwähnten Befürchtungen. In den Thüringer Ministerien ist man ja bekanntermaßen auch nach Einsparungsmöglichkeiten im kulturellen Etat gezwungen. Bei unverändertem Agieren Nike Wagners gäbe es eine Steilvorlage, die staatlichen Zuschüsse zum Weimarer Kunstfest in Gesamtheit zu streichen, und damit die reale Gefahr, die Zukunft dieses Festivals auszuradieren.

Wohlgemerkt: Niemand bestreitet, dass Nike Wagners Angebote eine Existenzberechtigung haben, und eine Bereicherung für eine spezielle Klientel darstellen. Aber steht der Etat in der Thüringer Kulturlandschaft wirklich in einem vernünftigen Verhältnis zur Besucherzahl? Ein Weimarer Kunstfest muss sein, es hat allerdings in der Vergangenheit bei minderem Etat wesentlich mehr verkaufte Karten erzielt und war somit schon besser etabliert. Und es gibt in Schubladen schon jetzt bessere Konzepte, welche künstlerisch ebenso wertvoll wären, mehr Menschen ansprächen, und die Finanzen effektiver nutzten. Nebenbei: der Aufwand von Verwaltung und Marketing wird von Franziska Castell mit 700 000 Euro ausgewiesen. Das kann man fürstlich nennen.

Positiv vermerkt: Die Ausstellungen waren durchaus attraktiv. Zwar vermittelt die pornografisch dominierte ACC-Ausstellung für einen stolzen und hier erstmalig geforderten Eintrittspreis nicht eben feinsinnige Lust und ein merkwürdiges Frauenbild (Eine der Ausnahmen bildet der versteckte Film "The perewig maker"). Naomi Tereza Salmons Installation "Burning Blue Soul" verfiel mit überzeugender Grundidee und Gestaltung leider dem Jugendwahn und fristete mit seiner eher soziologischen Qualität im e-Werk ein Schattendasein. Die erfrischende, musikspielerische ZKM-Präsentation hätte einen anziehenderen Titel verdient, und die erotischen Linien des Neuen Museums zeigten brave Berliner Übernahme. Alle vier Ausstellungen waren mit der Thematik "Liebesträume" allerdings eher weitläufig verbandelt und hätten eigentlich des Kunstfestrahmens nicht bedurft.

Wie eine eiserne Gouvernante versucht Nike Wagner Weimar ihr eingeengtes und selbstherrliches Kunstverständnis aufzuzwingen. Auf dem Rücken der materiell am Boden liegenden Weimarer Kulturszene baut sie ihr privates Kunstfest vetternkulturhaft auf. Natürlich kann man mit hohem Etat Starkünstler verpflichten, die ihrerseits wieder präferierte Mitstreiter ziehen. Aber sollte es wirklich der Auftrag Weimars an sie gewesen sein, ein Kunstfest mit solchem Eventcharakter für Insider zu gestalten und damit eher die Feuilleton-Plattform zu befriedigen? Merke: Der zu Kontroll- und Beratungszwecken einbestellte Kunstfestbeirat tagte zuletzt im Oktober 2004.

Braucht diese Stadt wirklich eine autoritäre Belehrung, was Kunst von Unterhaltung scheidet? Und ist ein solches Konzept nicht schon deshalb widersprüchlich, weil es einerseits ein renommiertes und anspruchsvolles Gitarrenfest in Tiefurt aus dem Kunstfestrahmen verbannt, und dafür etablierte Nischen-Stars mit perfekter Musikalität aber voraussehbaren Ansätzen favorisiert? Und wieso bleibt Wagners Behauptung unwidersprochen, sie würde mit ihrem Angebot Weimars Ruf neu renommieren? Bis jetzt wird das Kunstfest kaum überregional wahrgenommen, und neue, kreative Ansätze sind eher im Interpretatorischen, denn im Schöpferischen zu entdecken.

Nike Wagners erklärtes Ziel war es, Weimar mit den "Liebesträumen" erotischer zu machen. Grundlos beleidigte, nörgelnde Diven sind eher abtörnend, und wenn sie ihre Partner nicht erst nehmen, dann wird es schnell langweilig und lustlos. Zudem sollten Beziehungen auf Lügenbasis schnellstmöglich beendet werden. Damit Selbstliebe nicht mit Liebe verwechselt wird.

(Franziska Castell, Kunstfest)

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