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Tonspur

Tonspur vom 24.02.2013

Air - Moon Safari -
Hyper Hyper – wir sind Ende der neunziger Jahre, Techno ist schon längst im Mainstream angekommen, zur Loveparade kommen 1,5 Millionen Leute, Raver, wie sie damals hießen. Die Musik wird immer beliebiger und die Leute immer bunter, breiter und stumpfer. Mehr Ballerman als Rave, aber man tut sich immer schwer mit Kritik, wenn sich so viele Leute zusammen finden und Spaß haben. Die Anspruchsvollen Elektroniker suchten sich längst neue Wege, in England entstehen solche Richtungen wie Breakbeat, Drum & Bass, 2Step (kennt das noch jemand) und Big Beat. Die Zeichen dieser Musik stehen auf Geschwindigkeit und Bass, Fett muß es klingen! Vertreter sind 4Heros, LTJ Bukem, EZ Rollers, Propelerheads, The Prodigy., nicht zu vergessen Chemical Brothers und Fat Boy Slim.
In Frankreich gehen die Musiker in dieser Zeit einen Weg, Bands wie Étienne de Crécy oder Daft Punk entwickeln eine ganz neue Art von House Music.
Und dann gibt es noch Air, die 1998 ihr Debütalbum „Moon Safari“ veröffentlichen. Oft sagt man, das einen das eine oder andere Album umgehauen hat, gekickt oder gar weg geblassen. Aber was soll man über diese Platte sagen, da bläst nichts, drückt, oder haut um, hier umarmt es dich, spendet Wärme und schmeichelt.
Air wurde 1995 von Nicolas Godin und Jean-Benoît Dunckel gegründet. Der Name „Air“ steht übrigens nicht für englisch „Luft“, sondern französisch für„Lied, Arie oder liedartiges Instrumentalstück. Laut Keyboarder und Sänger Dunckel steht es auch für Amour, Imagination et Rêve (deutsch „Liebe, Fantasie und Traum“).

Musik, erklärt Nicolas Godin, sei die letzte Zuflucht vor dem Leben. Mit seinem Freund Dunckel mietete er sich ein einsames Haus in einem Forst bei Versailles. Dort schlossen sie antiquarische Geräte an ein gewaltiges Mischpult: einen alten Korg MS20, einen Moog, Vocoder aus der Disco-Ära, antike Elektrogitarren und elektromechanische Pianos von Fender und Wurlitzer.

Air haben sich irgendwie dem elektronischen Sound verschrieben, aber wärmer kann man ihn nicht machen, mehr Retro geht nicht und die Grenzen zum Easy Listing sind fliessend .Kaum dass das Wasserfall-Intro des ersten Stückes erklingt, bewegt sich der Rest des Erdballs wie in Zeitlupe. Nicht der Verkehr um einen herum pulsiert, sondern das Blut in deinem Kopf. Nicht die Discokugel blendet das Auge, sondern das Morgenlicht.
Das sieben Minuten lange "La Femme D'Argent" eröffnet die Platte, ein Song der sich aus dem Regen erhebt, was aber auch das Kratzen des Vinyls sein könnte. Es groovt und irgendwann setzt das unverwüstlichen Fender-Piano ein und begleitet uns auf den Weg zum Mond, an dem man auch schnell vorbeigeflogen ist, wenn man nicht aufpasst. Mit „Sexy Boy“ geht die Reise weiter, ob das der Mann im Mond sein soll, keine Ahnung, man schwebt wie in Zeitlupe weiter, nur das sonarähnliche Geräusch sagt mir das da wohl irgendwo noch einer sein muß, wahrscheinlich eben dieser sexy Boy. Danach „All I Need“ gesungen von Beth Hirsch, ein Song wie der Monolit in Kubriks 2001, gewaltig, geheimnisvoll und unergründlich, aber auch verletzlich und weich wie ein riesiger Plüschbär. Das Bild gefällt mir gut – ein riesiger Teddybär, der da im All herumschwirrt und von einem kleinen Astronaut begutachtet wird! Es folgt „Kelly watch the Stars“, muß ich dazu wirklich was sagen. Die Reise geht weiter. In „Talisman“ meint man einen Planeten zunahe zu kommen, der dich anzieht, bedrohlichere Töne, Geigen und der Rhythmus wird schneller, aber Gefahr besteht nie. "Remember together remember forever" so beginnt „Remember“ und die rückwärts laufende Gitarre zieht einen in den Timetunnel hinein, in dem Beth Hirsch schon sitzt und „You make it easy“ singt, haucht, und dir riesigen Nerzhandschuhen...ähm,...ist ja auch egal.

Akustische Gitarren sind mehrfach übereinander geschichtet. Der Baß pappt wie vor dreißig Jahren zum Tamburin. Tuba und Mundharmonika ringen um ein Solo in "Ce Matin La".
Kitsch auf allen Kanälen. Arglos und ohne doppelten Boden schwebt diese Musik über aller Kritik.

"Moon Safari" ist Balsam für die Seele, ist süß wie Honig und wohltuend wie warme Milch. Als akustisches Allheilmittel wie aus Omas Zeiten.
Ein Album was sich heute noch in meinem DJ Koffer findet und an dieser Stelle nun einen, wenn nicht vielleicht der schönste Song der Welt, „All I Need“ feat. Beth Hirsch

(Dennis Klostermann)

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