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Neulich im Netzwerk

Neulich im Netzwerk vom 07.05.2013

Vegetarier sind auch bloß Menschen - Eins vorab: Ich bin kein Vegetarier. Aber es spricht viel dafür, einer zu werden. Nur – ich hab’s nicht so gern absolut. Gut: Ich esse keine süßen Lämmchen, keine Kälbchen und überhaupt keine Tierkinder. Darüber hinaus auch wenig Fisch. Zu viele Gräten. Auch keine Singvögel, Muscheln, Hunde oder Kaninchen. Mich treibt auch nichts zu Straußenfleisch, Känguru oder Pferd. Und wenn ich mir anschaue, wie hier zu Lande Tiere gehalten werden, vergeht mir komplett der Appetit. Aber ich bin eben kein Vegetarier. Ich halte es eher so wie meine Oma: Es gab Fleisch zu Feiertagen. In der Woche nie, am Sonntag manchmal. Das hat verschiedene Vorteile. Man isst nur dann Fleisch, wenn man es wirklich will. Nicht versteckt in irgendwelchen Soßen oder Aufläufen. Nicht zermahlen und gepresst in irgendwelcher Wurst. Und bei geringem Fleisch-Verzehr kann ich getrost das gesparte Geld zum Bio-Metzger tragen. Da weiß ich wenigstens, dass die Tiere vor dem Schlachten ein artgerechtes, mehr oder weniger glückliches Leben hatten. Oder ich kann mir das zumindest einbilden. Meine Tochter ist übrigens Vegetarierin, aber zum Glück nicht missionarisch. Die jedenfalls ist schon sehr zufrieden mit mir. Und froh, dass ich wenigstens über das nachdenke, was ich mir in den Mund stecke. Und beim Nachdenken kommt man dann schnell darauf, dass die Preise für Fleisch eine Katastrophe sind. Dass die Subventions-Politik einen brutalen, effizienten Umgang mit Tieren geradezu notwendig macht. Fleisch ist eine Ware. Den wenigsten Konsumenten im Supermarkt ist bewusst, dass das Sonderangebot bis vor ein paar Tagen noch ein Tier war. Das atmet. Frisst. Und Junge kriegt. Okay – die behalten weder Kuh noch Schwein sehr lange. Die Kälbchen werden in enge Buchten gestellt, damit sie den Menschen nicht die Milch weg trinken. Und dass sie nach ihrer Mutter brüllen, stört keinen. Ist ja keiner da. Die Kleinen werden industriell aufgezogen, bis sie zu Kalbfleisch werden. Ich gebe es gleich zu: Ich trinke gerne Milch. Und esse auch gern Joghurt und andere Milchprodukte. Ich habe Soja-Milch probiert, Hafermilch und den Totalverzicht auch. Aber leider klappt das nicht. Aber ich weiß immerhin, dass es eigentlich falsch ist. Und auch die Preise für Milch und Milchprodukte sind ein Witz. Ein Liter Milch für 50 Cent? Wie soll ein Bauer da seine Kühe artgerecht halten? Apropos artgerecht. Das ist das größte Problem, das ich mit den Vegetariern und Veganern habe: Sie halten sich (meist) für die besseren Menschen. Und verachten uns andere, die sie gern als „Aasfresser“ bezeichnen. Dabei ist das Ganze eine reine Luxus-Erscheinung. Im Kinderbuch „Die Rote Zora“ sagt die Heldin: „Lieber esse ich ein geklautes Huhn als zu verhungern.“ Und so sieht es leider aus. Jemand, der täglich hungert, der nicht weiß, wie er seine Kinder ernähren soll, isst alles. Egal, ob Fleisch oder Fisch, Getreide oder Gemüse. Und nur, weil die Vegetarier hier im Supermarkt genug Fleischloses finden, können sie sich den Luxus erlauben, auf Fleisch zu verzichten. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch: sie sollen ruhig verzichten. Sie sollen nur nicht so tun, als wären alle anderen Menschen Missgeburten, Ungeheuer, moralischer Abschaum. Seit ich eine Vegetarierin im Haus habe, wird mir übel, wenn ich einen Broiler-Wagen sehe. Früher konnte ich an keinem vorbei gehen, ohne ein schönes knuspriges Hühnerbein zu essen. Ich esse keine Wurst mehr. Und trotzdem esse ich Fleisch, wenn ich Appetit darauf habe. Und für meine persönliche Vegetarierin ist das akzeptabel. Können nicht alle so sein? Dann würden sie, ganz ohne Agitation, einfach durch ihr Beispiel, viel mehr Menschen zum Nachdenken bringen. Und ist es nicht wesentlich besser, wenn 1000 Menschen ihren Fleischkonsum einschränken und dann noch bei einheimischen, tierfreundlichen Bauern kaufen, als wenn 100 Leute aus schlechtem Gewissen Vegetarier werden? Für die folgende kleine Episode muss man wissen, dass für eine 5jährige die große Schwester quasi Gott ist. Die weiß alles und macht keine Fehler. Diese weise große Schwester wurde also gefragt, warum sie kein Fleisch isst. Die 16jährige erklärte, geduldig und ganz kindgerecht, dass ihr die die Tiere leid tun. Dann gab es eine kurze Pause. Das kleine Kind dachte nach. Dann kam die Erkenntnis: „Ich werde auch Vegetarier. Ich hab die Tiere nämlich auch lieb. Ich esse jetzt nur noch Schnitzel.“ Und dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen.

(Grit Hasselmann)

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