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Tonspur

Tonspur vom 02.07.2013

Sigur Rós - Kveikur -

Als ich vor ein paar Tagen von einer Russlandreise zurückgekommen bin, wurde ich allerorten danach gefragt, ob sich denn die Klischees bewahrheitet hätten, die man landläufig mit den Russen verbindet. Für mich war das irgendwie seltsam, da ich eigentlich immer meinte, frei von derartigen Dingen durch die Welt zu stolpern. Dementsprechend war ich auch etwas verlegen, was die Antworten betraf; nur um dann aus sozialen Gründen doch über das Thema Alkohol zu referieren. Inzwischen hadere ich deshalb ein wenig mit mir und meine, das sollte mir nicht mehr passieren. Da trifft es sich ja gut, dass ich in dieser Woche eine Tonspur vorbereiten muss und dabei eine Band auf dem Tisch habe, die das Wort Klischee quasi im Namen führt. Daher gelobe ich meinem Vorsatz nun die Treue und sage: Ich werde in der Besprechung zu Sigur Rós´ neuer Platte „Kveikur“ nichts über Vulkane, Geysire, Kobolde oder Elfen sagen – hätte ich zwar ohnehin nicht, aber irgendwo muss man ja den Einstieg finden…
Nun aber zur Sache und damit muss ich gleich mal den Dampf ablassen, der sich zuletzt angestaut hatte: Denn meine einstige Lieblingsband Sigur Rós hat mich über die letzten Jahre mehr als enttäuscht. Erst wurden sie immer pop- und mainstreamiger, dann machte Sänger Jonsi Solosachen, die auch nicht gerade mein offenes Ohr fanden oder kümmerte sich vordergründig darum, mit Lebenspartner Alex Internetclips zu produzieren, in denen beide veganen Kuchen backen; und zuguterletzt veröffentlichte die Band mit „Valtari“ eine Platte, die ich mir nicht am Stück anhören kann, weil sie (mit Verlaub gesagt) langweilig ist. Und dann, dann steigt auch noch mit Kjartan Sveinsson der begnadete Keyboarder aus der Band aus. Was soll man darauf noch erwarten? Nichts natürlich. Aber wie um mich mit einem Stück Vinyl zu ohrfeigen, kommt da etwas auf meinen Schreibtisch, das ich nicht mehr für möglich gehalten hatte. Eine Platte, die mal sowas von an die „guten alten Zeiten“ anknüpft und dabei auch noch den Spagat nach vorn schafft.
Mit ihrem siebten Studioalbum „Kveikur“ legen Sigur Rós etwas vor, das seines Gleichen sucht. Nach Ágætis byrjun ist es für mich das zweite herausragende Album in deren Diskographie. Irgendwie erinnert es mit seiner düsteren Stimmung und sich steigernden Impulsivität sogar an das Debut „Von“. Damals musizierte die Band noch in Jonsis Keller, wo man sich laut Legende auch exakt an dem Tag gründete, als dessen Schwester Sigus Rós das Licht der Welt erblickte. Die ist jetzt erwachsen und darf nun auch endlich mal miterleben, was ihren Bruder groß gemacht hat. Nämlich eine eruptiv mit Geigenbogen gespielte E-Gitarre und der unverkennbare Gesang, der ureigene Sound irgendwo zwischen Post-Rock und Industrial und eine vom hämmernden Schlagzeug getragene Atmosphäre, die da sagt: „Mach die Augen zu und lass Dich fallen; ich fange Dich schon auf!“

(Christian Faludi)

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