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Kommentar

Kommentar vom 16.07.2013

Freiheit? Viel zu anstrengend! - Rousseau hat gesagt: „Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann, was er will, sondern, dass er nicht tun muss, was er nicht will.“
Das ist mein Lieblings-Zitat über die Freiheit.
Irgendwie ist Freiheit ein viel benutztes Wort im Netz in diesen Tagen. Ob es um Snowden geht, um Tierschutz, um den Wahlkampf oder einfach nur ums Glück – immer taucht da das Wort Freiheit auf.
Klingt ja auch gut. Wenn da nur das berühmte „aber“ nicht wäre. Sicher, jeder kann stundenlang, wochenlang über Freiheit philosophieren. Haben ja auch schon hunderte getan.
Aber was passiert mit der Freiheit, wenn man sie sich nicht nimmt? Reinhardt Mey hat die Antwort gefunden. Er meint: „Die Freiheit nutzt sich ab, wenn du sie nicht nutzt!“
Das denke ich auch. Nicht nur, weil die Demokratie ständig auf Trab gehalten werden muss, sondern auch, weil man sonst verlernt, den Mund auf zu machen. Können sich ja auch andere drum kümmern. Bin ja kein Politiker. Muss ja erstmal an meine Familie denken.
Die Crux ist, wenn jemand anderes meine Freiheit einschränkt, merke ich das schnell. Und reagiere entsprechend. Wesentlich schwieriger ist es, wenn ich das selber tue. Das Einschränken. Durch Bequemlichkeit, Dummheit oder Ignoranz. Oder aus Angst vor Strafe. Dabei sind die Strafen hier zu Lande ein Witz. Es gibt Länder auf der Welt, da bezahlt man im schlimmsten Fall mit dem Leben, wenn man für sich oder andere Freiheit fordert.
Ein Beispiel für Freiheit ist es, dass jemand seine Meinung frei äußern darf, ohne dass er von anderen daran gehindert wird.
Dazu kommt, dass auch die Kommunikationsmittel und der Zugang zu den Medien zur Verfügung stehen müssen. Dass er also seine Meinung äußern kann.
Was aber beim Definieren oft vergessen wird: Voraussetzung für Freiheit ist, dass jemand überhaupt eine Meinung hat und dass die tatsächlich geäußert wird.
Das vergessen die meisten heut zu Tage. Überall wird Zivilcourage gefordert. Dass die aber damit anfängt, dass jemand „Nein“ sagt, wird vergessen dabei. Ich muss mich nicht in eine Prügelei einmischen. Aber – ich kann sagen: „Hört auf damit“. Und wenn ich das nicht tue, gebe ich meine Freiheit auf. Ich scheue einfach nur weg und schon ist eines der wichtigsten Rechte des Menschen mit Füßen getreten.
Sicher hat man nicht immer Erfolg. Aber das zählt doch nicht. Was zählt ist, dass ich meine Meinung sage. In Kauf nehme, dass sie falsch ist. In Kauf nehme, dass ich schief angeguckt werde oder einen blöden Spruch kassiere. Im schlimmsten Fall mag mich jemand nicht mehr. Oje!
Dass Schlimmeres passiert, dass es gefährlich wird für mich, ist die Ausnahme. Und die gibt es nur deshalb, weil es so selten geworden ist, dass jemand aufbegehrt. Die Freiheit hat sich abgenutzt in diesem Land.
Ein anderes Beispiel: Im Artikel 54 der Thüringer Verfassung steht sinngemäß, dass die Bezüge der Landtagsabgeordneten regelmäßig steigen. Ohne gesonderte Abstimmung und ohne, dass das veröffentlicht wird.
Den Linken hat das nicht gepasst. Sie wollten dagegen klagen. Geht aber nicht, weil das Volk in Thüringen sich für die Verfassung ausgesprochen hat. Gut – das Volk hat dabei den Artikel 54 vielleicht übersehen. Und das Volk waren auch nur die, die abgestimmt haben. Aber jeder muss selber wissen, wann er seine Freiheit aufgibt.
Zurück zur Linken-Fraktion. Sie konnten also gegen den Artikel 54 nichts tun. Sie durften auch das Geld nicht verweigern. Aber sie hatten ja noch die Freiheit der eigenen Entscheidung. Und so geben sie dieses Geld seitdem in einen Sondertopf. „Alternative 54“ heißt er. Seit Bestehen der Verfassung werden aus diesem Topf gemeinnützige Projekte unterstützt. Mittlerweile sind mehr als 800.000 Euro verteilt worden.
Von Abgeordneten anderer Fraktionen habe ich zu diesem Thema gehört: „Wir müssen diese Erhöhung der Bezüge ja annehmen. Uns bleibt nichts anderes übrig.“
Scheinbar haben ausgerechnet die Linken als erste begriffen, was Freiheit bedeutet. Und dass jeder die Pflicht hat, sie zu nutzen, weil sie sonst einfach verschwindet. Aber vielleicht ist das auch das Ziel: Ist ja schließlich viel einfacher zu leben, wenn man nicht andauernd entscheiden muss.

(Grit Hasselmann)

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