Hörbuchrezension
Hörbuchrezension vom 24.09.2013
Angéla - Lehrjahre einer Liebeshungrigen - „Das kleine Transelbanien und sein König Erik der Spitze sind am Ende. Auf Schloss Templin, wo der loyale Marquis de Fromageur und seine traurige Gattin sich mit faulen Bauern, fiesen Beamten und bröckelnden Mauern plagen, wird Angéla, die älteste Tochter mit dem drögen Grafen de la Mairie verheiratet. Die blutjunge, erotisch hochbegabte Gräfin arrangiert sich, bis sie unter dem neuen König Elmüt eine Blitzkarriere als Ministerin macht und sich für Allerhöchste aufgaben empfiehlt.“
Mit diesem Text werden die Hörer in die zunächst recht heiter wirkende Geschichte des Autoren Stefan Gärtner eingeführt. Man weiß so im Groben worum es geht und man darf sich auf rund 5 Stunden vergnügliche Historie freuen, wie es ebenso heißt.
Zunächst funktioniert das auch, denn am Anfang ist es immer irgendwie lustig, wird einem nicht weit zurück liegende Geschichte aus einem scheinbar anderen Zeitalter präsentiert. Gärtner, der einst Redakteur beim Satiremagazin TITANIC war, ist Literaturparodist, soll heißen, er wildert, zumindest was den Stil angeht, im breiten Angebot des Literaturkanons.
Und so passiert es, dass uns in diesem Werk so einiges an den guten Theodor Fontane erinnert, der Sprachduktus an sich ist raumgreifend und mitunter blumig, mitunter direkt, aber niemals hart. Das hat etwas Schönes an sich, führt aber zu erheblichen Irritationen, wenn die irgendwie nicht passende Gegenwart – respektive jüngere Geschichte - in derartige Worte gefasst werden soll. Amüsant ist es zunächst durchaus, denn inhaltlich, das muss man gar nicht lange verbergen, geht es um Angéla, oder wie es eben heißt Angela, also Merkel, ja genau, die Bundeskanzlerin.
Wie gesagt, zunächst ist die Geschichte amüsant und heiter, denn man verliert sich in Überlegungen, welche tatsächliche Person mit welchem Namen gemeint gewesen sein könnte, man erinnert sich, so man die Wendezeit miterlebt hat, an die eine oder andere Zeitungsmeldung, man lässt im Geiste schwarz-weiße Zeitungsfotos Revue passieren. Doch damit hat sich's auch.
Die Geschichte ist recht und schlecht zusammenkonstruiert, gleitet mal hier, mal da in irgendwelche pseudoerotischen Ebenen und bietet bis zum Ende kaum Überraschendes oder wenigstens hintersinniges. Ich möchte nicht von einem Abgleiten reden, denn das setzte ja eine gewisse Höhe voraus.
Das beschriebene Vergnügen lässt also mehr als schnell nach, was schade ist, denn die Produktion an sich ist hochklassig. Gelesen vom „Springmaus“-Theater-Gründer Michael Müller bieten die 4 CDs eigentlich Hörvergnügen, doch die Wurst ohne Brot schmeckt manchmal eben auch nicht, selbst in der Not.
"Angéla – Lehrjahre einer Liebeshungrigen" aus der Feder von Stefan Gärtner, erschienen bei der Deutschen Grammophon, gesprochen von Michael Müller, 16,99 €, 4 CDs, Spieldauer ca. 300 Minuten;
EAN: 0602537428205
(Shanghai Drenger)