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Freitag, der 29.März, 06:43 Uhr

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Radio FLOTTE im Sommer 2008

Radio Lotte Weimar, das bekanntermaßen nichtkommerzielle Radio macht sich auf den Weg auf die autofreie Ostseeinsel Hiddensee, um von Montag an eine Woche lang die Insel zu beschallen und viele weitere Städte sowie das Internet. Doch um auf eine autofreie Insel zu kommen und auch noch die vielen Computer, die Sendetechnik und was es sonst so braucht, auf die Insel zu bekommen braucht es ein Auto und einen Anhänger. Also machten sich Mathias und Christian am Freitag, 8.00 Uhr auf den weiten und beschwerlichen Weg (Tempo 90) zur 600 Kilometer entfernten Anlegestelle Schaprode auf Rügen. Dank an die Firma Seifert für den Hänger.

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Doch auch das Alter der Fahrzeuge oder die nicht vorhandene Geschwindigkeit konnten die Laune nicht trüben. Mit viel Kaffee und Mut erreichten wir schließlich die Fähre, die uns und unseren Hänger sicher auf die Insel brachten, wo ein umweltfreundliches Elektromobil gleich den Weitertransport ins nahegelegene Rathaus in Vitte übernahm. Denn aus dem Bürgermeisterbüro wird das Sendestudio. Doch den letzten Schritt, der geschieht mit Muskelkraft, wie Steffen, Mathias und Martin beweisen. Dessen Aufbau geht Dank der tatkräftigen Hilfe von Steffen und Martin von Radio Lohro in Rostock zügig vonstatten, wobei es nur Steffens Todesmut zu verdanken ist, dass wir überhaupt senden können. Denn er erklomm das Dach des Rathauses.

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So gingen der Donnerstag und der Freitag ins Land. Das Studio nimmt langsam Gestalt an, wir müssen aber auch noch unsere Sende-Rikscha aufbauen. Das wird sicher ein absoluter Hingucker, wenn unsere Rikscha die Insel unsicher macht. Bis dahin müssen noch alle ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Insel erreichen und dann heißt es Leinen los und „Auf Sendung“. Wichtig ist es jetzt die Insel zu erkunden, sei es die Natur, das Meer oder die Kultur, wie hier das gerade stattfindene Palucca-Festival vor der Seebühne. Nicht zu vergessen, Gaumenfreuden wie Fischbrötchen + Getränk und Nachtisch. Und viele Geschichten, Mythen und Sagen gilt es noch zu klären. Und vielleicht ist dies der Ort, an dem wir erfahren, wie die Woche laufen wird.

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Samstag: Nennt mich den Cowboy von Hiddensee

Bild12Erschütternde Szenen spielen sich am dritten Tag Hiddensee ab. Berge von Exkrementen türmen sich auf den Straßen. Muss das sein, fragt sich der ästethisierte Mitteleuropäer? Können die Ihren Scheiß nicht wegräumen? Eine Gefahr für Mensch und Maschine, kaum ein durchkommen. Antonia lacht, aber es ist das Lachen der Hilflosen. Wir treffen einen Kutscher und fragen ihn, wie es dazu kommen kann, dass diese Bilder zum Alltag der Insel gehören. Es gibt doch die Möglichkeit, den Pferden hinten Säcke anzubinden, in die der Abfall reinfällt. Warum macht Ihr das nicht? „Weils scheiße aussieht“, seine lakonische Antwort. Man muss tief eintauchen in diese Insel, um alles zu verstehen.

Wir sitzen nach einem langen Tag draußen in der Kälte, unter einem regennassen Wirtshausdach – denn drinnen ist das Rauchen auch hier verboten- und lauschen den Weisheiten des Kutschers „Cowboy“. Cowboy fährt von April bis November Touristen in seiner Kutsche über die Insel. So weit so gut. Aber es ist doch „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Denn drei bis viermal Touristen immer das gleiche zu erzählen…Ehrlich wer will das freiwillig tun? Zum Glück sind die Insulaner des Platts mächtig und können sich so in den Pausen ablästernd abreagieren. Dem Insulaner zuzuhören ist dann doch spannend. Der harte Winter 78/79. Alles vereist, die Versorgung nur noch per Hubschrauber. Milch für Mütter. Der Cowboy abgeschnitten in irgendeiner Kate mit einem Kanten Brot und einer Bockwurst. Nicht vergessen: Die Insel ist im Prinzip Autofrei. Was tun bei 160 km/h Sturm, wenn es heißt Gemüse von Kloster nach Vitte bringen, wenn der Kutschwagen zur Seite gedrückt wird und nur noch auf zwei Reifen fährt? Und dann der ewige Inselpolizist auf der Jagd nach Fahrradfahrern ohne Licht, betrunkenen Kutschern oder Kutschern ohne Verbandskasten? Nur soviel, der Polizist wird hier nicht gemocht. Zurück zur Scheiße. Wer macht sie weg ? Ein kompliziertes System. Die Kutscher zahlen pro Gespann (zwei Pferde – für die nicht Schockemöhles) 120 Euro im Monat. Dafür gibt es einen Mensch, der den ganzen Tag die Insel hoch und runter fährt und die Scheiße wegschafft. Mein Vorschlag, den Dung (Fachsprache) einzusammeln und an die Touris und ihre Rosenbeete zu verkaufen, wurde nicht gehört. Schade. Es gibt also Geschichten zu erzählen.

Bild13Und das wollen wir ja ab Montag tun, wenn Radio Lotte Hiddensee auf Sendung geht. Und deshalb haben wir uns auch heute weiter vorbereitet. Während wir Journalisten Themenpläne verfasst haben, Essen waren und uns zum Abend das schwer verdauliche Puppentheaterstück „Bericht vor der Akademie“ (oder so ähnlich) von Kafka angetan und dann die Fischerklause und Kutscher „Cowboy“ aufgesucht haben, waren unsere Rostocker Steffen und Martin wieder fleißig. Anja war aber auch nicht ohne und hat sich in die Höhle der Löwin, sprich zur Wahrsagerin begeben (s. Bericht 2. Tag). Ihr wurde für fünfzig Euro aus Tarotkarten und der Hand eine glückliche Zukunft vorausgesagt. Interessanter ist aber, dass die Wahrsagerin im bürgerlichen Beruf Bäckereifachverkäuferin ist. Das ganz Interview gibt es dann am Montag.

Sonntag: Der Tag des Herrn

Die Kirche, auf deren Friedhof die Besucher die Beete auf der Suche nach Gerhart Hauptmann zertreten. Der Grabstein ist nicht zu übersehen. Eher schon der seiner Frau. Grabstein-Höhe G-Hauptmann, geschätzt 2 Meter, Grabsteinhöhe Frau Hauptmann, geschätzt 20 cm. Hybris?

Unterdessen nehmen die Vorbereitungen ihren Lauf. Die Redaktion arbeitet sich den Wolf ab, sucht Interviewpartner, Musik, Trailer, Teaser, Bumper, Sounder und was sich die Radiospezialisten noch an Fachberichten haben einfallen lassen. Ich mach mich erstmal auf den Weg und frag die Leute, was sie denn so toll an Hiddensee finden. (geht hier das MP3 Ding?) Ich frage sie auch was sie nicht so toll finden. Dazu aber später.

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Während wir also im Redaktionsraum sitzen und den Ausblick aufs Meer genießen, führen die Hiddenseer ihre überdimensionierten Hunde spazieren.

Montag: Radio Lotte sendet

Pünktlich um 7.00 Uhr hieß es Leinen los für Radio Lotte Hiddensee. Die Sonne strahlte, die Fahrradrikscha stand am Hafen bereit und das Experiment konnte beginnen. Musik, Nachrichten, Moderation, Interviews. Alles unter strahlend blauem Himmel, bei leichter Brise und tirilierenden Möwen.

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Dann hatte der Wettergott die Schnauze voll und holte uns mit kräftigem Regen zurück auf den Boden der Tatsachen. Machte aber nix, weil nach Anja und Christian, Antonia und Peer moderieren mussten. Deren Laune blieb ungetrübt. Außerdem hatten sie den einzigen Polizisten auf Hiddesee im Interview. Den legendären Horst Henk. Horst Henk hat alle Hände voll zu tun, das beginnt bei Fahrradfahrern ohne Licht und endet bei Kutschen ohne Verbandskasten. Nicht zu vergessen die Alkoholkontrollen.

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Mittlerweile hat sich das Wetter beruhigt. Touristen und Einheimische trauten sich noch nicht so recht an das eigenartige Gefährt heran, aber das wird noch. Das ist das Schicksal aller Exoten.

Dienstag: Nacktbaden auf Hiddensee

Schön war die Zeit, als alle noch nackt baden gingen, damals in der DDR. Alles war freizügiger, alles war offener. Die das behaupten praktizieren FKK immer noch. Leider. Die jüngere Generation nicht mehr. Leider. Ist ja auch egal, wenn man auf Hiddensee Radio macht, kann man ja auch den Blick auf das weite Meer genießen. Machen wir doch einfach mal. Wolfgang Joop haben wir immer noch nicht gesehen. Weder angezogen noch nackt. Wer hat eigentlich behauptet, dass der hier ein Haus hat? Egal. Raucht Wolfgang Joop eigentlich? Also Christina raucht. 40 Stück am Tag. Also zuviel. Und da Radioleute immer auf der Suche nach lustigen Ideen sind, haben wir sie zum Kurs: „Nichtraucher in 5 Stunden“ geschickt. Was passiert ist wissen wir noch nicht, die letzte Zigarette hat ihr jedenfalls gut geschmeckt.

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Was unsere Touristen so vom Qualmen halten haben wir abgefragt. Während Christina sich vor der Seebühne die Lunge vollqualmt, kämpfen sich Anja und Dirk, Dirk und Andreas durch die Moderation. Das macht Spaß, findet nämlich unter freiem Himmel vor der Seebühne statt. Kämpfen deshalb, weil Gottvater-Technik-Guru Steffen aus Rostock gestern abend festgestellt hat, dass es antiquiert ist eine Sendung mit CD-Playern und altem Kram zu fahren. In typischer Technikermanier hat er gestern abends flugs alles ins Laptop eingespielt, so dass der Sender innerhalb von 3 Stunden vom Jahr 1995 ins Jahr 2008 katapultiert wurde – von der Technik her gesehen.

Die Moderatoren mussten ein wenig hinterlaufen. Hat aber im letzten alles ganz gut geklappt. Und heute war ja sowieso lustig, weil Otto 60 wurde, der alte Zottelbarde. Und die Touristen, die wir im Edeka belästigt haben, waren gezwungen, sich zu erinnern.

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Mittwoch: Arbeiten wo andere Urlaub machen

Zugegeben, es fiel niemandem leicht heute morgen aufzustehen, nachdem wir am abend in der Caipi-Bar südamerikanischen Flair und ebensolche Getränke nahe des Strandes von Hiddensee genossen. (nicht weitersagen, hier ist irgendwie kaum was erlaubt und so was auch nicht so richtig). Also um 6.30 Uhr aufs Fahrrad geschwungen, in Höchstgeschwindigkeit zum Hafen von Kloster gerast und dann vor traumhafter Kulisse alles aufgebaut.

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Der Blick in den Segelhafen von Kloster, stahlblauer Himmel, Sonne. Wem das jetzt zu schwülstig klingt: Geht nicht anders, war so. Wir wollen es heute bei Impressionen belassen. Doch wen es interessiert: Christina, die sich gestern die Lust aufs Rauchen hat weghypnotisieren lassen, wurde auch gleich die gute Laune entfernt. Wer Barfuß durch die Heide geht, läuft Gefahr von Kreuzottern gebissen zu werden. Der Dorfpolizist musste gestern zwei Ordnungswidrigkeiten zur Anzeige bringen (Hund ohne Leine und Kutsche durch gesperrte Straße). Angelhorst heißt Angelhorst, weil er gerne angelt. Außerdem legt er Musik der 60iger und 70iger auf und Götz George, der alte Grummelbolzen wurde heute 70, außerdem steigt die Zahl der Kaiserschnittgeburten in Meck-Pom. Das und vieles Meer waren die Themen die wir über den Äther schickten. Mehr geht heute nicht, denn der Strand ruft (FKK oder Textil, der Streit geht weiter). Und Wolfgang Joop? Wurde auch heute nicht gesichtet.

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Freitag: Exstase auf Hiddensee

Bild6Nach 5 Tagen auf Sendung, ist es Radio Lotte Hiddensee gelungen, nicht nur die Meinungsführerschaft auf der Insel zu übernehmen. Durch einen einfachen Trick gelang es dem Moderatoren Christian S. am letzten Tag auch die Staatsmacht an sich zu reißen. Dem ausführenden Organ Hauptkomissar Horst H. blieb nichts anderes übrig als gute Miene zum perfiden Spiel zu machen. Das Oberhaupt der Insel weilte derweil an fernen Gestaden.

So hat Radio Lotte Hiddensee einmal mehr die große Macht der Medien unter Beweis gestellt. Alles in allem ging es aber zivilisiert zu. Die Moderatoren und Redakteure war eine Woche unterwegs auf der Insel, immer auf der Suche nach Geschichten, Menschen und Mythen. Und es ist sicher gelungen ein Bild der Insel zu zeichnen, auf der sehr individuelle Menschen leben, auf der sich die Touristen wohlfühlen, auf der sicher das eine oder andere Angebot vermisst wird, wo man aber immer gerne hinkommt. Der Höhepunkt des Freitags war unsere Auflösung des Spiels „Typisch Hiddensee“. Eine Woche lang war die Kiste mit Gegenständen und begriffen gefüllt worden, die es am Freitag galt in der richtigen Reihenfolge aufzuzählen. Zeitweise bekamen wir so viele Anrufe, dass die Leitung zusammenbrach. Es gab aber einen glücklichen Gewinner Phillip H. aus Weimar. Der 29 jährige Kommunalbeamte freut sich jetzt auf vier Tage Hiddensee, inklusive Unterkunft und Segelkurs für zwei Personen.

Den unersättlichen Moderatorinnen und Moderatoren reichte das alles aber nicht, sie hängten noch ein Atem- und Sprechseminar mit Christina an. Dazu gehört auch das Bogenschießen

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Theorie.. und Praxis (sieht komisch aus, hilft aber)

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Für Christina war das auch wichtig, da es sie ein wenig ablenkte von ihrem mutigen Abenteuer „Rauchfrei in 5 Stunden“, das sie Mitte der Woche absolvierte und an dessen Folgen sie jetzt noch mental laboriert. Denn das Seminar beinhaltete offenbar nicht den Part „Nicht mehr dran denken müssen in drei Tagen.“ Trotzdem wünschen wir ihr alles gute. Und beim Bogenschießen (Körperspannungsübung) machte sie bereits wieder eine gute Figur.

Wir werden unsere Zeit heute abend mit dem Hafenfest in Vitte beenden und uns am Sonntag wieder auf den Weg machen, mit Tempo 90 gen Heimat. Wir sagen: Danke allen Unterstützerinnen und Unterstützern, danke allen Hörerinnen und Hörerern. Ciao Hiddensee, Benvenuto Weimar.

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