Aktuell - Nachrichten
Weimar-Nachrichten vom 14. August 2000
Thüringens Große Koalition stellte 1997 ein Modellprojekt gegen Rechts ein
Das derzeit von vielen Seiten geforderte Netz von Beratungsstellen im Kampf gegen den Rechtsextremismus könnte es schon längst geben. Dies erklärte Elmar Matzner gegenüber der Thüringischen Landeszeitung. Matzner leitete bis 1997 ein Erfurter Modellprojekt "Regionale Arbeitsstelle für Ausländerfragen und Schule". Damit beabsichtigte der Freisstaat Thüringen eine Initialzündung für eine entsprechende landesweite Aktion. Die Koalitionsregierung aus CDU und SPD stellte das Projekt jedoch aus finanziellen Gründen wieder ein. "Der Bedarf wurde seinerzeit von keiner Seite angezweifelt, aber es waren keine Finanzen da", sagte Matzner der TLZ. Die Einstellung sei damals sehr bedauert worden. Bund und Land hatten die Einrichtung je zur Hälfte finanziert, die Mittel 1997 dann aber gestrichen. Das CDU-geführte Kultusministerium war damals der verantwortliche Träger. Schwerpunkt der Arbeit sei die Sensibilisierung von Schülern für die Gefährlichkeit rechter Tendenzen gewesen, hieß es.
Ministerpräsidenten gedachten am "Point Alpha"der Deutsche Teilung
Zum 39. Jahrestag des Mauerbaus ist gestern am früheren US-Stützpunkt "Point Alpha"ein Denkmal für die deutsche Teilung und Wiedervereinigung eingeweiht worden. An der Grenze zwischen Thüringen und Hessen riefen die Ministerpräsidenten Vogel und Koch (beide CDU) zu einer verstärkten Auseinandersetzung mit der deutschen Vergangenheit auf. Der "Point Alpha"im einstigen Grenzort Geisa war von 1948 bis 1989 der östlichste Beobachtungsposten der NATO an der Grenze zum Warschauer Pakt.
Sommerseminar über Zukunft Europas in Weimar begann
Jugendliche aus acht europäischen Ländern diskutieren seit Sonntag in Weimar über Visioneneines zukunftsfähigen Europas. In den kommenden zwei Wochen steht bei den Diskussionen die Frage im Mittelpunkt, welche geistigen Grundlagen einer europäischen Kultur das Überleben von nachfolgenden Generationen sichern können. Die meisten Teilnehmer kommen aus Osteuropa. Parallel zu Kursen über religiöse Traditionen gibt es auch Seminare über das Wirken regionaler Entwicklungen, so etwa der Weimarer Klassik. Veranstalter des Sommerseminars sind die Europäische Jugendbildungs- und Begegnungssstätte Weimar und die Evangelische Akademie Thüringen.
Polizei verhinderte Aktionen von Rechtsextremen
Die Thüringer Polizei hat in den vergangenen Tagen befürchtete Aktionen von Rechtsextremen verhindert. Seit Freitag wurden an verschiedenen Kontrollstellen insgesamt 53 Personen vorläufig festgenommen, von denen sich drei nach wie vor in Gewahrsam der Polizei befinden. Das teilten die Behörden am Sonntag in Erfurt mit. Gegen eine Person ordnete ein Richter einen mehrtägigen Unterbindungsgewahrsam an. Der Schwerpunkt der Kontrollen lag in Ostthüringen. Bei insgesamt 19 Durchsuchungen sei verbotenes Propagandamaterial sichergestellt worden, hieß es weiter. Dazu gehörten Drucksachen und Tonträger mit volksverhetzendem Inhalt sowie Kleidungsstücke mit verfassungsfeindlichen Symbolen.
Thüringer Behindertenheime und Krankenhäuser in NS-"Euthanasie"verstrickt
Über 50 Behindertenheime und Krankenhäuser in Thüringen waren nach Expertenansicht während der NS-Zeit in die so genannte "Euthanasie"verstrickt. Die Verwicklung der Pflegeanstalten in das Programm Tötung Behinderter und psychisch Kranker sei bis heute weitgehend unerforscht geblieben, sagte die Historikerin Ute Hoffmann, Leiterin der Gedenkstätte für Euthanasie- Opfer in Bernburg. Während der von 1939 bis 1941 laufenden "Aktion T 4", dem Codewort für die generalstabsmäßig vorbereiteten Tötungen, seien sämtliche Insassen von Behindertenheimen und Psychiatrie-Krankenhäusern über Meldebögen erfasst worden. Die Erfassungsbögen gingen in die Verwaltungszentrale der Euthanasie-Organisatoren. "Die Entscheidung, welche Behinderten vergast werden sollten, fällten ärztliche Gutachter vom Schreibtisch weg", sagte Hoffmann.