Aktuell - Nachrichten
Weimar-Nachrichten vom 22. Oktober 2002
Neuer Streit um das Goethe-Schiller-Archiv
Ein neuerlicher Gerichtstreit beschäftigt die Weimarer Kulturstiftungen. Das Verwaltungsgericht Gera muss sich an diesem Donnerstag mit den Rückübertragungsansprüchen von Leonie von Sachsen-Weimar-Eisenach beschäftigen. Das Adelshaus fordert vom Land die Rückgabe der Handschriften Goethes und Schillers. Die besagte Sammlung erhielt erst vor kurzem die Aufnahmeurkunde in das sogenannte Gedächtnis der Menschheit, das "Memory of the world". Politiker und Kunstfreunde fürchten nun, das Kulturgut könnte in Privathand übergehen und nur noch gegen ein hohes Entgelt der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Das Landesamt für offene Vermögensfragen hatte 1998 die Ansprüche des Adelshauses zunächst anerkannt, ein Jahr später dann jedoch aus Rechtsgründen und nach deutschlandweiten Protesten revidiert. Zur Begründung hieß es, der Klassikernachlass sei 1945 einer Stiftung übertragen und damit nicht enteignet worden. Eine Rückgabe könne aber nur bei einer Enteignung erfolgen. Hintergrund für die neuen Rückforderungen ist das seit 1994 geltende Entschädigungs- und Ausgleichsgesetz. Demnach muss Adligen und privaten Sammlern, die nach dem Zweiten Weltkrieg enteignet wurden, ihre bewegliche Habe zurückgegeben werden. Das Adelshaus fordert zudem die Rückübertragung des Inventars der Schlösser Weimar und Tieffurt sowie der Fürstengruft. (shg)
Großer Lauschangriff ist in Thüringen möglich
Die Abhörmöglichkeiten für den Verfassungsschutz sind in Thüringen größer, als gemeinhin vermutet. Das wurde der Thüringer Landeszeitung vom Innenministerium bestätigt. Bei Gefahr im Verzug, heißt es, dürfe eine Abhöraktion vom Präsidenten des Landesamtes für Verfassungsschutz auch ohne vorherige richterliche Genehmigung angeordnet werden. Letztere müsse sich der Geheimdienst erst nachträglich erteilen lassen. Bemerkenswert ist, dass in Thüringen auch Anwälte, Ärzte, Journalisten und sogar Priester abgehört werden dürfen. Ähnliche Pläne des Hamburger Innensenators Roland Schill hatten erst in der vorigen Woche einen Proteststurm ausgelöst. Neben Thüringen ist diese Praxis jedoch auch in Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland nach dem 11. September 2001 gesetzespolitischer Alltag. Der Beschluss zur Lauschangriff-Regelung kam trotz Gegenstimmen der Opposition und Veto der Datenschutzbeauftragten des Landes zustande. Der innenpolitische Experte der SPD, Günther Pohl, ist der Ansicht, dass die Regelung gegen Bundesgesetze verstößt. Deshalb kündigte er einen parlamentarischen Vorstoß gegen das Gesetz an. (shg)
Weitere Einrichtungen von Sparplänen bedroht
Die Kette an existenziellen Bedrohungen kleinerer Vereine in Weimar reißt nicht ab. Nun hat sich auch die Mal- und Zeichenschule zu Wort gemeldet. Der Vorsitzende des Trägervereins, Professor Klaus Nerlich, bangt um den Fortbestand der Einrichtung. Sparpläne des Landes und neuerdings auch der Stadt lassen Schlimmes befürchten, so Nerlich. Drei Arbeitsstellen seien in der Einrichtung bedroht. Dadurch werde dem gesamten Kursbetrieb die Basis entzogen. Die Mal- und Zeichenschule erlebte im laufenden Herbstsemester einen neuen Teilnehmerrekord. Über 400 Menschen nutzen derzeit das Angebot der Kreativschule. Schon zu Zeiten Großherzog Carl-Augusts spielte die Schule in der Stadt eine bedeutende Rolle. Diese historische Tradition steht nun vor dem Ende. (shg)
Sportminister Frank-Michael Pietzsch übergab gestern in Bad Berka dem dortigen Schützenverein eine Geldspende in Höhe von 4000 Euro. Der Verein beabsichtigt, das Geld für den Ersatzneubau eines Luftdruckwaffenschießstandes verwenden. Der alte sei nur ein Provisorium und könne nicht mehr als solcher verwendet werden. Die Zuwendung durch den Minister ist bei vielen auf Kritik gestoßen. Viele stellen sich die Frage, ob es angemessen ist, nach dem Verbrechen am Erfurter Gutenberg-Gymnasium einen Schützenverein zu fördern. Pietzsch reagierte bei der Übergabe des Geldes in Bad Berka auf diesen Vorwurf. "Wurde jemand erstochen, esse man trotzdem weiter mit Messer und Gabel", erklärte der Minister. (shg)
An den Thüringer Hochschulen in Weimar, Jena, Erfurt und Ilmenau haben sich zum Wintersemester rund achteinhalbtausend Studierende neu eingeschrieben. Damit sei die Anzahl der Studierenden im Land auf rund 34.000 angestiegen. Für die Wissenschaftsministerin Dagmar Schipanski (CDU) ist dies ein erneuter Beweis für die Attraktivität der Thüringer Hochschulen. Das Land werde trotz der Steuereinbrüche bei den Universitäten nicht sparen. Bis 2004 würden die Zuschüsse auf rund 318 Millionen EURO steigen. (shg)
Die Arbeitsloseninitiative Thüringen kritisiert geplante Einschnitte bei Jobsuchenden mit Kindern. Die Initiative wandte sich gestern in einer Erklärung gegen Pläne, die den Vorschlägen des sogenannten Hartz-Papiers nahe stehen. Danach soll das Arbeitslosengeld für Jobsuchende mit Kindern von 67 auf 60 Prozent des letzten Nettolohnes gekürzt werden. Bedenken gegen das Konzept erhielten damit "auf skandalöse Art späte Bestätigungen", sagte der Vorsitzende der Initiative, Hans-Hermann Hoffmann, in Erfurt. (shg)
Die Flutlichtanlage im Erfurter Steigerwaldstadion wird vorerst nicht installiert. Damit muss Fußball-Regionalligist Rot-Weiß Erfurt wohl seine Hoffnungen fahren lassen, in der Rückrunde ab März endlich auch einmal Freitagabend spielen zu können. Beim Aufbau der neuen Anlage waren Risse in der Stahlkonstruktion festgestellt worden. Sie seien an der gleichen Stelle entstanden, wie schon vor drei Jahren, erklärte die zuständige Baufirma. Die Gründe dafür sind noch nicht genau ermittelt. Die Stadt Erfurt streitet seit drei Jahren mit einer leitenden Baufirma über die Ursachen der Havarie, bei der ein Lichtmast zusammengebrochen war. (shg)
Frauen bleiben im verarbeitenden Gewerbe in Thüringen weiterhin benachteiligt. Nach Angaben des statistischen Landesamtes lag das durchschnittliche Bruttoeinkommen der Frauen im Sommer diesen Jahres bei rund 1700 Euro. Männer dagegen erhalten im Durchschnitt 400 Euro mehr. Das entspricht etwa einem 18prozentigen Mehrverdienst. (shg)
Ab heute trägt Weimar den Status einer Fünf-Sterne-Stadt. Die Stadt wurde mit dem "Five Star Diamond Award"der American Acadamy of Hospitality Sciences ausgezeichnet. Was dies letztendlich für Weimar bedeutet, ist jedoch umstritten. In der Begründung zur Vergabe des Preises heißt es, die Stadt Weimar wurde unter anderem wegen ihres Reichtums an historischem Erbe, den zahlreichen first class Hotels und der hochentwickelten Infrastruktur ausgewählt. (shg)
Die Weimarer Polizei ermittelte eine männliche Person, welche sich in der Vergangenheit wiederholt als Polizeibeamter ausgegeben hatte. Zu diesem Zweck hatte er sich einen falschen Dienstausweis mit Lichtbild angefertigt. Dieser wies ihn als Beamten der Polizeidirektion Erfurt aus. Bei sich führte er meist ein Funkgerät, auf welchem auch der Polizeifunk zu hören war. Der 20-jährige Mann führte in der Vergangenheit immer wieder Ermittlungen zu anderen Personen und angeblichen Sachverhalten fremder Dienststellen durch. Welcher Schaden den Betroffenen daraus entstand, ist zur Zeit nicht bekannt. (shg)